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Die Urologie.

Mein Kampf gegen Prostatakrebs

Die persönliche Mut-Mach-Geschichte von Lothar Stock

Wenn ein Betroffener die Diagnose Krebs bekommen hat, ist er im ersten Moment meist völlig überfordert. Neben vielen anderen Gedanken hat man meist Angst und denkt vielleicht sogar schon an den Tod. Die persönlichen Erfahrungen eines an Prostatakrebs Erkrankten zeigen, dass man auch in einer Selbsthilfegruppe Orientierung finden kann, weil dort alle irgendwie „im selben Boot“ sitzen.

 

Zuerst Verdrängung

 Getreu dem stolzen und typischen Männermotto „Mir fehlt ja nichts“ und „Im Moment habe ich keine Zeit, demnächst gehe ich aber ganz bestimmt“ bin ich erst mit 49 Jahren zum ersten Mal zur Prostata-Vorsorge gegangen. Damals war alles noch in Ordnung, aber schon einige Jahre später war mein PSA-Blutwert deutlich gestiegen.

Zunächst habe ich versucht, alles zu verdrängen, viele andere Ursachen für den PSA-Anstieg zu finden und alle möglichen relativ harmlosen Therapien zu versuchen. Leider mit mäßigen Erfolg. Ich musste lernen, dass es letztlich nur eine einzige sichere Methode gibt, den Prostatakrebs zweifelsfrei zu diagnostizieren: nämlich die sogenannte Stanzbiopsie. Selbst auf diesem Weg ist es oft nicht einfach, die vom Krebs befallenen Stellen auch wirklich zu finden. Das aus der Prostata entnommene Gewebe wird von einem Pathologen untersucht, der dann die Diagnose stellt und Aussagen darüber treffen kann, wie groß und bösartig (aggressiv) der Krebs ist.

Da mein PSA-Wert immer weiter anstieg und alle Ausreden nichts mehr halfen, musste ich mich letztendlich auch dazu entschließen. Da man nicht sofort krebsbefallenes Gewebe gefunden hat, musste bei mir diese nicht gerade sonderlich angenehme Prozedur leider mehrmals vorgenommen werden. Als ich dann endlich die unzweifelhafte Diagnose Prostatakrebs bekam, fielen meine Familie und ich erst einmal in ein riesig tiefes Loch.

 

Selbsthilfegruppe: Der Wunsch nach Austausch und Information

Nachdem ich mich davon etwas erholt hatte, hatte ich das dringende Bedürfnis nach Information. Ich wollte mit anderen Betroffenen ins Gespräch kommen und mich austauschen, um die für mich richtige Therapieentscheidung zu treffen. Und so habe ich im Jahre 2002 die Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Siegen gegründet, die mittlerweile im 20. Jahr existiert.

In einer Selbsthilfegruppe kann man viel lernen. Hier einige grundlegende Informationen, die jeder Mann über Prostatakrebs wissen sollte:

  • Mit etwa 65.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist das Prostatakarzinom die häufigste Krebserkrankung des Mannes in Deutschland. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei ungefähr 69 Jahren. Leider gehen viele Männer erst dann zum Arzt, wenn sie ernsthafte Beschwerden haben. Früherkennung ist aber sehr wichtig (ab dem 45. Lebensjahr hat man einmal im Jahr einen gesetzlichen Anspruch darauf), denn wenn der Prostatakrebs zeitig entdeckt wird, ist er in der Regel gut behandelbar.

 

  • Das Tückische bei Prostataerkrankungen ist, dass es im Frühstadium kaum Beschwerden gibt und dass die ersten Warnsignale bei gut- und bösartigen Prostataveränderungen oft gleich sind: Häufiger Harndrang, auch nachts, der Harnfluss wird geringer, der Strahl schwach, die Blase wird nicht völlig entleert. Bei akuten Schmerzen beim Wasserlassen oder gar bei Blut im Harn sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.

 

  • Normalerweise wächst der Prostatakrebs langsam („Haustierkrebs“). Einige Prostatakarzinome jedoch wachsen aus Gründen, die man heute noch nicht genau versteht, schnell („Raubtierkrebs“). Der Pathologe kann anhand der Gewebeentnahme ziemlich sicher herausfinden, um welche Art von Krebs es sich handelt.

 

  • Es gibt viele unterschiedliche Behandlungsmethoden des Prostatakarzinoms. Sie hängen von der Ausbreitung des Tumorwachstums ab, von seiner Aggressivität und von dem Patienten (seinem Alter, seinen eventuellen Begleiterkrankungen und seinen Wünschen und Vorstellungen).

 

  • Standardtherapien: Unter bestimmten Voraussetzungen kann man sogar manchmal unter der Kontrolle eines erfahrenen Arztes mit der Therapie zunächst abwarten. Natürlich gibt es die Operation, mehrere unterschiedliche Arten der Strahlenbehandlung (dafür ist der Radioonkologe zuständig), die Antihormontherapie (Hormonblockade), die Chemotherapie und einige andere Möglichkeiten, über die der Urologe informiert.

 

  • Die endgültige Therapieentscheidung trifft grundsätzlich der Patient. Dabei sollte er sich unbedingt durch den Facharzt seines Vertrauens intensiv beraten lassen. Bei einer derartig wichtigen Entscheidung sollte man auch daran denken, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Sicherlich ist auch der persönliche Erfahrungsaustausch der Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe hilfreich.

 

Persönliche Lernprozesse: Wissen ist Macht

 Das Wort „Macht“ kommt von „machen“; wenn man also etwas weiß, kann man auch etwas machen. Wer demnach seinen Feind, also den Krebs, kennt, kann auch etwas gegen ihn unternehmen, ihn also bekämpfen. Deshalb habe ich mir das Motto „Wissen ist Macht“ zu eigen gemacht und habe durch vielfältige Informationen, durch unterschiedliche Lernprozesse, durch Fortbildungen unseres Bundesverbandes, durch Interaktionen in unserer Selbsthilfegruppe und durch ganz große familiäre Unterstützung meinen eigenen Weg und hoffentlich auch die richtigen Behandlungsmethoden im Kampf gegen „meinen“ Prostatakrebs gefunden.

Die Diagnose Prostatakrebs ist also keinesfalls ein Todesurteil, besonders dann, wenn man den Tumor frühzeitig erkennt. Ob man erfolgreich gekämpft hat, weiß man hundertprozentig leider nie, denn die Krebszellen sind schlau und das „Schwert des Damokles“ hängt eigentlich permanent über einem. Trotzdem kann man an vielen Fronten und mit vielen Mitteln gegen diesen Krebs kämpfen.

 

Der Stellenwert einer Selbsthilfegruppe

Bei dem Kampf gegen diesen „Feind“ kann besonders eine Selbsthilfegruppe sehr hilfreich und unterstützend sein, denn man merkt dort, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist. Die Männer unserer Siegener Gruppe fühlen sich wohl und haben immer jemanden, mit dem sie sprechen können.

Durch die vielen persönlichen Gespräche und auch durch gemeinsame Unternehmungen sind auch viele private Kontakte und sogar Freundschaften entstanden. Unsere Männer fühlen sich gut informiert, denn die Informationen über die verschiedenen Behandlungsmethoden und auch über die diesbezüglichen Fortschritte der Medizin bringe ja nicht nur ich als Multiplikator in die Gruppe, sondern auch die vielen Ärzte und die anderen Fachleute, die als Referenten in die Gruppe eingeladen werden. Bei solchen Veranstaltungen kann man natürlich auch Fragen stellen und bekommt so quasi eine Zweitmeinung zu seiner eigenen Erkrankung. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass wir auf diese Weise die Ärzte und diese auch uns kennenlernen.

 

Sollten Betroffene einer Selbsthilfegruppe beitreten?

 Meine persönlichen Erfahrungen mit unserer Selbsthilfegruppe sind so gut, dass ich am liebsten genau das empfehlen würde. Aber ich habe gelernt, dass jeder Mensch anders ist und dass auch jeder Betroffene anders mit seiner Krebserkrankung umgeht. Einige müssen offensichtlich reden, andere machen alles mit sich selbst aus. Im Laufe der vielen Jahre, in denen ich in unserer Selbsthilfegruppe aktiv bin, habe ich die unterschiedlichsten Meinungen gehört. Viele fühlen sich gut aufgehoben, geborgen und gut informiert.

Einige andere Männer sind ein paar Mal gekommen und haben sich dann mit dem Hinweis abgemeldet, dass sie von anderen, bei denen der Krebs deutlich weiter fortgeschritten war, so viele schlimme Dinge gehört haben, dass sie dadurch psychisch stark belastet worden sind, weil sie immer nur das Schlimmste vor Augen hatten. Diese Männer wollten in unserer Gruppe nur einen ersten Rat, sie wollten aber nicht mit den zum Teil auch schlimmen Problemen anderer Männer (meist im fortgeschrittenen Krebsstadium) konfrontiert werden.

Eine weitere Gruppe von Männern nutzt nur das Telefon, um sich beraten und informieren zu lassen. Da alles, was mit Prostata (und Sexualität) zu tun hat, für viele (gerade für Männer!) leider immer noch ein Tabuthema ist, möchten sie ihre Probleme nicht in einer Gruppe besprechen. Sie rufen dann immer wieder bei mir an, halten mich auf dem Laufenden und stellen nur mir ihre Fragen. Sie bevorzugen also die enge persönliche Vertraulichkeit aus der Distanz.

Natürlich habe ich in all den Jahren auch Männer kennengelernt, die ganz ohne einen Austausch mit anderen auskommen möchten. Sie machen ganz einfach das, was ihr Arzt sagt. Ein Mann hat mir sogar einmal anvertraut, dass absolut niemand außer seinem Arzt wisse, dass er Prostatakrebs habe; er hatte es sogar seiner Ehefrau verschwiegen.

 

Unser Bundesverband BPS

Über 200 Prostatakrebs-Selbsthilfegruppen haben sich in Deutschland (unter der Schirmherrschaft der „Stiftung Deutsche Krebshilfe“) zum Bundesverband BPS e.V. zusammengeschlossen. Man findet diese Gruppen im Internet unter www.prostatakrebs-bps.de/gruppensuche. Tausende von betroffenen Männern fühlen sich in dieser Gemeinschaft gut aufgehoben. Ich auch.

Wer sich näher für unsere Siegener Selbsthilfegruppe interessiert, kann sich im Internet unter www.prostatakrebs-siegen.de informieren oder mich unter der Telefonnummer 02735/5260 anrufen.

Lothar Stock

Vorsitzender der BPS-Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Siegen

 

Text: Lothar Stock


Prostatakrebs: Patientenberichte

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