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Interview: Eine Uniklinik auf neuem Kurs!

Interview mit Prof. Dr. Christian Gratzke, Ärztlicher Direktor der Urologie an der Uniklinik Freiburg

Im Rahmen der Vorsorgekampagne „Urologie für alle“ hat Prof. Dr. Christian Gratzke, Ärztlicher Direktor der Urologie an der Uniklinik Freiburg, ein Interview zu Patientenversorgung, Corona-Nachwehen und Forschungsarbeit gegeben. Bei seiner Arbeit steht für ihn immer die Qualitätssicherung zum Wohle der Patienten und Patientinnen im Vordergrund.

 

Lieber Herr Prof. Dr. Gratzke, warum haben Sie sich nach Ihrem Studium entschieden Ihren Facharzt in der Urologie zu absolvieren?

Das ist eine gute Frage. Ich hatte tatsächlich meine erste Famulatur in Wien absolviert,weil ich dort studiert habe. Wie so oft im Leben war ich in einem Team, das sehr gut zusammengearbeitet hat. Das Operieren hat Spaß gemacht und dann habe ich mich nach der Famulatur häufiger in der Urologie aufgehalten und bin dort letztlich geblieben. Mein Vater war ebenfalls Urologe, aber er hat mich nie in diese Richtung gedrängt, es war meine eigene Entscheidung.

 

Sie sind seit 2018 Ärztlicher Direktor der Klinik für Urologie in Freiburg. Was haben Sie sich zu Beginn langfristig für die Ausrichtung der Klinik unter Ihrer Leitung vorgenommen und welche Ziele haben Sie bereits erreicht?

In der Regel sagt man, es braucht ca. fünf Jahre, um seine eigene Handschrift zu hinterlassen. Das hatte ich etwas unterschätzt, als ich 2018 hier in Freiburg als Leiter der Urologie begonnen habe. Es geht zumindest alles in die richtige Richtung. Die Klinik muss laufen, Patient:innen müssen zufrieden sein, daran werden wir gemessen. Das ist das A und O. Am Anfang meiner Tätigkeit hatte ich mir zum Ziel gesetzt, dass das ärztliche Personal und die Mitarbeitenden aus der Pflege ein Team werden – und das haben wir geschafft. Wir haben jedes Jahr steigende Patientenzahlen und
die Zufriedenheit bei ihnen ist laut Umfragen sehr hoch. Unser Team ist stabil, sodass die Arbeit auf alle Schultern verteilt werden kann. Insofern haben wir die Abläufe in der Klinik optimiert und zudem einige Forschungsprojekte angestoßen, die wir mit anderen Kliniken zusammen durchführen, sodass wir ein breites Spektrum bedienen, wie man es von einer Uniklinik erwartet.

 

Sie haben es eben schon erwähnt: Neben Ihrer alltäglichen Arbeit haben Sie sich auch der Forschung verschrieben. Welche Studien betreuen Sie aktuell und von
welcher erhoffen Sie sich den schnellsten Nutzen?

Wir haben zwei Richtungen: Zum einen sind das klinische Studien in einem große Studienzentrum. Dort betreuen aktuell drei „Study nurses“ unsere Projekte mit den Schwerpunkten Onkologie und Systemtherapie: Prostatakarzinom, Urothelkarzinom und Nierenzellkarzinom und auch operative Studien. Der andere große Bereich, der hier in Freiburg besonders ist, ist die ausgeprägte Grundlagenforschung. Prof. Schüle, der einen eigenen Lehrstuhl hat und die Epigenetik auf international höchstem Niveau betreibt, betreut einen eigenen Sonderforschungsbereich. Weitere namhafte Kollegen wie Prof. Wolf, Prof Timmers und auch Prof. Miernik, der ausgewiesener Spezialist der Uro-Technologie ist, arbeiten ebenfalls hier in der Klinik für Urologie, um nur einige zu nennen. Und wir haben viele forschungsaffine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aufgrund deren gut ausgearbeiteten Anträgen Forschungsgelder genehmigt wurden. Wir freuen uns sehr, dass wir in der Forschung daher so vielfältig aufgestellt und erfolgreich sind.

 

Dank enormer Fortschritte in der Bildgebung und technischer Innovationen in der Strahlentherapie ist es heute möglich, das Tumorgewebe bei Prostatakrebs sehr präzise zu bestrahlen. Daraus entstand die HypoFocal-SBRT Studie unter der Leitung von Frau Prof. Anca-L. Grosu, Ärztliche Direktorin der Klinik für Strahlenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg, die die klinische Praxis und Behandlung der Betroffenen nach Einschätzung der Wissenschaftlerin maßgeblich verändern könnte. Inwiefern arbeiten Sie mit Frau Prof. Anca-L. Grosu zusammen?

Wir arbeiten sehr gut zusammen. Frau Prof. Dr. Grosu ist eine hervorragende Strahlentherapeutin. Wir kommen auch menschlich sehr gut miteinander aus, sodass es überhaupt keine Form der Konkurrenz gibt. Sie betreibt außerdem vielversprechende Studien. Aufgrund der hohen Anzahl an Operationen, die wir durchführen, erhalten auch viele Patienten und Patientinnen eine Strahlentherapie. Das eine bedingt das andere, weshalb unsere Kooperation tatsächlich sehr fruchtbar ist.

 

Mit welchen coronabedingten Langzeitfolgen kämpft Ihre Klinik immer noch?

An der Uniklinik Freiburg arbeiten insgesamt mehr als 10.000 Mitarbeitende, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass jemand an Long Covid erkrankt durchaus gegeben ist. Für unsere
urologische Abteilung ist der Fall bisher aber noch nicht eingetreten. Unser Team ist zum Glück relativ verschont geblieben und hatte auch in Corona-Zeiten viele Operationen mit den nötigen Schutzmaßnahmen und konnte unsere Patient:innen gut betreuen.

 

Künftig sollen „Qualität und Angemessenheit allein die Kriterien für gute Versorgung sein“, so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach über die Klinikreform. Wie beurteilen Sie die angestrebte Reform der Krankenhaus-Vergütung?

In der Tat hat der Bundesgesundheitsminister einige Punkte angesprochen, die verbessert werden müssen. Ich denke, dass wir vor allem in der Uniklinik nicht ausschließlich über die Zahlen definiert werden können, sondern vor allem über die Qualität. Es muss unser Ziel sein, dass der Patient/die Patientin zufrieden nach Hause geht. Die Quantität ist dabei zu vernachlässigen, denn ob noch zwei Patienten mehr oder weniger operiert werden, sollte nicht unsere oberste Prämisse sein. Das Ergebnis muss zum Wohle des Patienten stimmen.
Ich bin gespannt auf die Umsetzung. Es ist sicher ein langer Prozess, aber den Gedanken anzustoßen war nicht falsch.

 

Welche konkreten Auswirkungen hätte die Reform für Ihre Klinik?

Wenn alle Punkte so umgesetzt werden würden, wie der Gesundheitsminister sie sich vorstellt, dann würden wir von Fallpauschalen weg in Richtung einer Medizin kommen, bei der deutlich mehr Strukturen aufgebaut werden müssten, um die Qualität zu steigern. Aufgrund des Fachkräftemangels und einem hohen Krankenstand hat sich unsere OP-Kapazität stark reduziert. Die Zahlen liegen deutlich unter dem Niveau von vor drei Jahren. Insofern ist eine Strukturreform in der Medizin unerlässlich. Wir müssen dringend Fachkräfte akquirieren und ausbilden. Ich glaube, dass dann die Stoßrichtung von Minister Lauterbach durchaus damit zusammenpassen würde. Aber die Qualitätskriterien müssen stimmen, sodass die Patient:innen nicht nur operiert, sondern auch maximal gut versorgt sind und postoperativ optimal therapeutisch behandelt werden. Da sind wir hier an der Uniklinik Freiburg bereits gut aufgestellt, aber man kann natürlich immer noch besser werden, und zwar in allen Bereichen.

 

Sie sind Mitglied in der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie und übernehmen dort 2023/2024 den Posten des Kongressvorstands. Welche Themen stehen für 2023 auf der Agenda und wie oft findet ein Austausch der DGU und dem BvDU statt?

Die Arbeit bei der SWDGU macht mir viel Freude. Ich war zuvor aufgrund meiner Herkunft und meiner ärztlichen Tätigkeit in München auch bei den bayerisch-österreichischen Urologen sehr aktiv und im Vorstand der bayerischen Urologen. Die Arbeit lässt sich daher gut vergleichen. Der Kongress ist einer der größten Regionalkongresse. Vor allem das Kernteam hat große Lust, den Regionalkongress weiterzuführen, auch wenn es manchmal unterschiedliche, fachliche Meinungen gibt. Jetzt darf ich 2024 Ausrichter in Freiburg sein und freue mich sehr darüber. Wir haben die Schwerpunkte noch nicht festgelegt, denn zunächst findet der SWDGU-Kongress in Reutlingen 2023 statt. Was aber sicher im Vordergrund stehen wird, ist die Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Disziplinen. Ich merke im täglichen Leben, dass es nur so möglich ist, die Patient:innen ganzheitlich zu behandeln, daher werden wir sicher viele andere Fachrichtungen integrieren und zu Wort kommen lassen.

 

Zwei letzte Fragen zur Männervorsorge: Vorsorge rettet Leben weil…..

Patienten herausfinden können, ob ein aggressives Prostatakarzinom vorliegt und bei welcher Behandlung sie wirklich profitieren.

 

Wie wichtig erachten Sie den PSA-Test?

Tests dienen als Indikator zur Früherkennung. Ein sehr wichtiges Instrument: Die Bestimmung des PSA-Wertes. Das Stichwort dazu: Smart Screening. Das bedeutet, der PSA-Wert allein sagt weniger aus, aber der Verlauf ist wichtig. In Kombination mit Bildgebung und weiterer Diagnostik hilft es Patienten und dem behandelnden Arzt, Krebs frühzeitig zu erkennen.

 

Herzlichen Dank für das Interview.

 


Quelle: Urologie INSIDE März 2023

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