Für alle. Für jeden. Für uns.
Die Urologie.

Gelungene Existenzgründung

Die Ärztelandschaft in Deutschland ist im Wandel, denn der Fachkräftemangel ist auch hier deutlich zu spüren. Die optimale Strukturierung gewinnt daher nochmal an wirtschaftlicher Bedeutung.

 Neben der rechtlichen Struktur zählen auch die Organisation und Kommunikation mit Kollegen innerhalb der Praxis und der Austausch mit Kollegen außerhalb. Aber auch die Erreichbarkeit der Patienten durch Social-Media-Kanäle kann ein wichtiger Baustein für einen erfolgreichen Alltag sein.

 Wir haben Dr. Christof van der Holst der urologischen Gemeinschaftspraxis Prüner Gang zur Arbeit in seiner Gemeinschaftspraxis interviewt. Laut einer aktuellen Studie Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) ist die Praxisübernahme die häufigste Form der Existenzgründung von Medizinern.

Seit wann gibt es die Urologische Gemeinschaftspraxis Prüner Gang und wie ist sie entstanden?

Zunächst waren wir eine kleine Praxis, beginnend mit einem Arzt. Die Gründung war meines Wissens in den späten 80er Jahren. 2005 kamen drei weitere Partner dazu. Die jetzige Praxiszusammensetzung aus sechs Urologen besteht seit 2019. Wir waren alle als langjährige Klinikoberärzte tätig und haben unser operatives Spektrum mit in die Praxis getragen. Das ist auch der Grund, warum wir bei uns sehr breit aufgestellt sind – vom Kinderwunsch bis zu Prostatabeschwerden behandeln wir fast alles.

Wie haben Sie Ihre Praxis strukturiert, sind sämtliche Ihrer Kollegen als Teil oder Mit-Inhaber beteiligt oder sind einige der Ärzte gestellt?

Wir sind alle gleichberechtigte Mit-Inhaber, jeder mit eigenem KV-Sitz, die das Risiko, aber auch den Erfolg gleichermaßen teilen. Natürlich haben wir uns auch schon über die Form eines MVZs ausgetauscht, aber für uns beschlossen, dass wir in der Form weitermachen wie bisher. So können wir eigenverantwortlich bestimmen, wie wir im Team arbeiten möchten, ohne auf Investoren oder Geschäftsführer von außen angewiesen zu sein. Aber natürlich ist und bleibt auch für uns die große Frage, ob es in 10 – 15 Jahren noch Kolleginnen und Kollegen gibt, die die Praxis dann übernehmen und dann mit einsteigen möchten.

Wie haben Sie die organisatorischen Aufgaben untereinander aufgeteilt?

Unser Ärzte-Team hat alle Aufgaben gut aufgeteilt. Es gibt neben der Behandlung von Patienten noch einen Personalbeauftragten, einen IT-Beauftragten, Finanzen, Dienstplanung etc.. Die Aufgaben sind gut verteilt, was die zusätzliche Arbeitsbelastung betrifft, aber natürlich kann es phasenweise auch mal den einen oder anderen mehr belasten, je nach dem, was ansteht. Grundsätzlich sind wir ein gutes Team aus Ärzten und MFAs sowie einer Praxismanagerin. Wir haben das Glück, in der Personalausstattung gut aufgestellt zu sein. Das liegt zum einen am Arbeitsklima untereinander. Es ist uns sehr wichtig, uns immer wieder als Team auszutauschen. Zum anderen arbeiten wir eng mit der Klinik zusammen und kennen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort ebenfalls. Diese wechseln hin und wieder zu uns, wenn sie nicht mehr im Nachtdienst oder am Wochenende arbeiten möchten.

Wie stimmen sie sich untereinander ab?

Einmal pro Quartal führen wir eine Teambesprechung mit allen, also MFAs und den Kollegen, durch. Leitungsmeetings mit den Ärzten und unserer Praxis-Managerin finden einmal monatlich abends nach Feierabend statt. Zusätzlich dazu machen wir Ärzte zweimal im Jahr eine Klausurtagung am Wochenende, um Abläufe, Zukunftsplanung, die Zusammenarbeit mit der Klinik oder aktuell einen Umbau zu besprechen. Dafür ist im Alltag einfach keine Zeit. Dort können dann auch Unstimmigkeiten unter Kollegen, wenn sie denn einmal vorfallen, in Ruhe besprochen und aus der Welt geräumt werden. Die Arbeitsbedingungen und Wirtschaftlichkeit der Facharztpraxen steht seit vielen Monaten unter dem Hashtag #praxissterben zur Debatte.

Wie ist die wirtschaftliche Situation Ihrer Praxis, mit welchen konkreten Herausforderungen kämpfen Sie?

Die Coronazeit hat zu Einbußen geführt, denn wir konnten nicht so viele Patienten wie sonst behandeln. Die zusätzlichen Hygienemaßnahmen haben wir auch nicht so erstattet bekommen, wie es wünschenswert gewesen wäre. Es ist bei uns immer eine genaue Kalkulation. Die Neupatienten-Regelung hat einen Teil der Kosten aufgefangen. Das KV-System ist grundsätzlich ok, einige Leistungen werden privat abgerechnet. Wir versuchen organisatorisch und räumlich gerade, etwas umzustrukturieren, denn wir haben zwei Praxis-Standorte gehabt, die wir jetzt zu einem Standort zusammenführen. Dafür müssen wir derzeit zusammenrücken, aber im Juni sollte der Praxisausbau fertig sein. Grundsätzlich sind wir Inhaber mit unserem persönlichen Vermögen haftbar, aber haben nicht die freie Entscheidungsgewalt über alle Vorgänge, sondern sind von politischen Entscheidungen abhängig. So ist das System nun einmal bei uns in Deutschland, manchmal würde man es sich jedoch anders wünschen. Letztendlich geht es uns allen darum, Menschen bestmöglich zu behandeln. Das sollte nicht am Gesundheitssystem scheitern.

Haben Sie sich an den Streiks beteiligt, die kürzlich auch von Ärzten organisiert wurden?

Nein, wir haben uns nicht beteiligt. Ich kann aber Kolleginnen und Kollegen verstehen, die mit Demonstrationen auf Missstände aufmerksam machen möchten.

Hausarztpraxen sollen zukünftig finanziell entlastet, Fachärzte lediglich organisatorisch entlastet werden, zum Beispiel mit digitalen Rezepten und Krankschreibungen. Das ist das Ergebnis eines Krisengipfels bei Lauterbach am 09. Januar 2024. Wie viel Zeit nimmt die Ausstellung eines E-Rezepts bei Ihnen aktuell in Anspruch?

 Kann die Umstellung von analog auf digital tatsächlich als Zeitersparnis gerechnet werden?

Das digitale Rezept ist eine Erleichterung, auch wenn Patienten erst einmal aufgeklärt werden müssen, wie es funktioniert. Alle Angelegenheiten in der Organisation, die uns den Arbeitsalltag erleichtern, sind sehr willkommen. Damit können wir Ärzte uns wieder dem Wesentlichen nämlich dem Kontakt zum Patienten widmen. In Anbetracht des Arbeitskräftemangels müssen wir zukünftig wahrscheinlich auch mit weniger MFA in den Praxen auskommen, so dass einfache Arbeitsabläufe digital abgebildet werden sollten. Die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) ist immer noch eine große Herausforderung. Wir bewegen uns in einer Grauzone, denn es würde mir die Arbeit erleichtern, wenn ich beispielsweise Befunde auf digitalem Weg mit dem Patienten austauschen könnte.

Welche Maßnahmen würden Sie sich darüber hinaus wünschen, um auch finanziell entlastet zu werden?

 Hygienestandards haben uns finanziell belastet. Jetzt soll es Desinfektoren für transrektale Ultraschallsonden in jedem Behandlungsraum geben. Die Kosten dafür stehen nicht im Verhältnis zu dem, was man an einer Untersuchung verdient. Wie schon erwähnt, es ist alles eine Mischkalkulation, die bei uns noch funktioniert, aber immer wieder neu bewertet werden muss.

Was würden Sie einem Kollegen/einer Kollegin, der/die den Schritt in die Selbständigkeit plant, mit auf den Weg geben?

Ich würde ihm/ihr raten, sich genaue Gedanken darüber zu machen, wie er/sie arbeiten möchte. In welcher Struktur möchte ich mich verwirklichen? Was erwartet mich wirtschaftlich? Welche Arbeit macht mich zufrieden? Wir haben externe Beratung zur Praxisstruktur und zum Tagesablauf in Anspruch genommen. Das sorgt für Klarheit und stärkt die Mitarbeiter-Bindung.

 Fühlen Sie sich von den urologischen Ver[1]bänden gut auf politischer Ebene vertreten? Stehen Sie in aktivem Austausch mit der BvDU und der DGU?

Wir sind im engen Austausch und nehmen an regelmäßigen Treffen teil. Die kurzen Wege insbesondere beim BvDU sind ebenfalls von Vorteil. Ich würde mir wünschen, dass man noch mehr dafür tut, das Image der Urologen zu verbessern. Das wird zwar schon getan, aber es ist noch Luft nach oben. Sie betreiben sehr erfolgreich einen Social-Media-Kanal „Ist dein Mann gesund“.

Was hat Sie dazu bewogen, online aktiv zu werden und wie sind die Rückmeldungen Ihrer Patienten und Patientinnen dazu?

Wir erhalten sehr positive Rückmeldungen. Wir haben ursprünglich damit begonnen, um unsere Außendarstellung zu verbessern und die Männergesundheit und Vorsorge mit einem Augenzwinkern in den Fokus zu stellen. Wir wollen zeigen, dass Vorsorge nicht weh tut und wichtig ist. Wir haben auf Facebook begonnen, aber Instagram funktioniert noch besser. Mittlerweile ist Social-Media auch für die Mitarbeitergewinnung nicht mehr wegzudenken.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. van der Horst

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