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Tabuthema Inkontinenz, Interview John A. Kantara, Regisseur der gleichnamigen Doku

Seine Wissenschaftsdokumentation „Tabu Inkontinenz“ wurde auf 3Sat gesendet und macht auf ein Thema aufmerksam, das für viele Menschen als unangenehm empfunden wird.  

Lieber John, wie bist du auf das Thema gekommen? Warum war es dir wichtig, ein solches Thema wie Inkontinenz aufzugreifen?

Meine Oma war inkontinent, so dass ich das Thema tatsächlich aus meinem privaten Umfeld kenne. Es ist gar nicht so ungewöhnlich und kommt in vielen Familien vor. Der Geruch von Urin hat meine Familie lange begleitet. Wir wollten es nicht länger hinnehmen und haben die Oma dazu gedrängt, sich doch untersuchen zu lassen. Gerade die ältere Generation nimmt viele körperlichen Einschränkungen hin, obwohl dies nicht notwendig wäre. Meine Oma war eine stolze Frau. Ich wollte ihr ihre Würde zurückgeben.

Als dann auch noch ZDF/3SAT anfragte, ob ich eine Dokumentation zum Thema Inkontinenz machen möchte, habe ich nicht lange gezögert. Es ist wichtig zu zeigen, dass man nicht allein mit dem Thema ist. Es betrifft wirklich jede Altersgruppe, fängt bei bettnässenden Kindern und Jugendlichen an und hört bei älteren Mitbürgern mit Blasenschwäche auf. Dazwischen gibt es noch so viele andere Diagnosen, die die Funktion der Blase betreffen. Es war mir von Anfang an wichtig, die Bandbreite aufzuzeigen.

Wie lange haben die Vorbereitungen zum Film gedauert?

Die Vorbereitungen haben ca. sechs Monate gedauert, denn wir mussten ja zunächst Protagonisten finden, die offen über Inkontinenz sprechen. Das ist sehr persönlich. Nicht jeder ist bereit dazu. Über YouTube sind wir auf Florian Kümmele und seinen Videoblog gestoßen. Er hat sich sofort bereit erklärt, mitzumachen, da er durch seinen Blog schon öffentlich über seinen Lebensweg mit dem Tragen von Windeln berichtet hat.

Eine weitere Person zu finden, war zunächst nicht so einfach. Ich habe mich umso mehr gefreut, als sich die Hanne Brenner, Olympionikin im Profi-Reitsport bei den Paralympics, nach reiflicher Überlegung ebenfalls zusagte, für Interviews zur Verfügung zu stehen.

Es folgten 15 Drehtage und nochmals ca. drei Wochen für den Schnitt der Dokumentation.

Was wolltest du mit der Dokumentation erreichen?

Sie soll Betroffenen ein Stück weit Normalität aufzeigen und demonstrieren, dass man nicht allein ist. Es hilft, offen darüber zu sprechen, denn Inkontinenz bedeutet auch, sein Leben darauf einzustellen und ggf. mit Einschränkungen zu leben. Viele Inkontinenz-Patienten bleiben häufig in der gewohnten Umgebung, um keine peinlichen Zwischenfälle zu erleben oder prüfen an unbekannten Orten zunächst immer, wo die nächste Toilette ist.

Das Tragen von Windeln kostet Überwindung. Viele können sich zunächst nicht eingestehen, wieder Windeln tragen zu müssen. Das bedeutet ein Verlust von Sicherheit und Selbstwertgefühl. Wenn man sich dann daran gewöhnt hat, Windeln zu tragen, macht es einiges leichter, aber es erfordert natürlich Selbstbewusstsein und Verständnis von Familie und Freunden.

Inkontinenz hat viele Ursachen. Es können psychische Erkrankungen, eine Querschnittslähmung oder auch organische Ursachen wie z.B. nach einer Prostata-OP die Ursache sein. Das sollte die Dokumentation zeigen.

Vielen Dank für das Gespräch, lieber John.

Sehr gerne. Je mehr Menschen davon erfahren, umso besser ist der Umgang mit diesem Tabu-Thema.

Die Dokumentation ist hier abrufbar. Weitere Informationen zu John A. Kantara finden Sie hier.

Wenn Sie selbst betroffen sind, sei es als Patient/in oder Angehörige/r, können Sie sich bei den zuständigen Stellen, der Deutschen Kontinenz-Gesellschaft e.V., der Deutschen Gesellschaft Urologie e.V. oder dem Berufsverband Deutscher Urologen e.V.  sowie der Inkontinenz Selbsthilfe e.V. informieren.

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